Über uns Unternehmen Geschichte des Psychiatrischen Zentrums AR (PZA)
Geschichte des Psychiatrischen Zentrums AR (PZA)
Im Jahr 1908 wurde die «Appenzell-Ausserrhodische Heil- und Pflegeanstalt in Herisau», so hiess das Psychiatrische Zentrum Appenzell Ausserrhoden damals, gebaut. Der 1877 gegründete «Appenzellische Verein zur Unterstützung armer Geisteskranker» war massgebender Initiant für die Schaffung einer «Irrenanstalt».
1893 wurde eine «kantonale Irrenzählung» durchgeführt, um die Kapazität der künftigen Klinik zu planen. Die Zählung ergab 6.09 ‰ «Irre ohne Idioten und Kretinen». Aufgrund der so genannten Prävalenzzahl wurde die Heil- und Pflegeanstalt für 250 Patientinnen und Patienten konzipiert. Der erste Direktor, Arnold Koller, prägte die offene und grosszügige Anlage mit Dorfcharakter mit.
Kontakt
Psychiatrisches Zentrum AR
Krombach 3
9100 Herisau
071 353 81 11
psychiatrie@svar.ch
Das «Irrenwesen» im Kanton Appenzell Ausserrhoden vor 1900
Die Pflege psychisch kranker Menschen wurde in der Schweiz erst im Verlauf des 19. Jahrhunderts als Staatsaufgabe anerkannt. Zuvor waren solche Menschen allenfalls in ein Gefängnis gesteckt oder in Armenhäusern in einer Dachkammer versteckt worden. Nur ausnahmsweise und in grösseren Städten kam ein Spitalaufenthalt in Frage. Geisteskranke aus vermögenden Familien fanden in Privatanstalten Unterschlupf; solche gab es seit 1805 in Wattwil und Wittenbach und 1823 gründete der Arzt und Landeshauptmann Barthlome Leuch in Walzenhausen eine Irrenklinik für etwa 25 Patienten. Während der grössere Kanton St. Gallen 1845 bis 1847 im leer stehenden Kloster Pfäfers die kantonale Heil- und Pflegeanstalt St. Pirminsberg einrichtete, blieb in Appenzell-Ausserrhoden die Fürsorge für die Geisteskranken noch lange Zeit privater Initiative überlassen.
Einen ersten wichtigen Schritt tat die Appenzellische Gemeinnützige Gesellschaft an der Hauptversammlung 1877, an welcher der Verein zur Unterstützung armer Geisteskranker, der heutige «Appenzellische Hilfsverein für Psychischkranke» gegründet wurde. Die treibende Kraft hierzu und langjähriger Präsident war Pfarrer Gottlieb Lutz aus Speicher. Innert zwanzig Jahren konnte der rasch prosperierende Verein gegen 80’000 Franken Unterstützungsbeiträge auszahlen, immerhin drei Viertel der Summe, die von den appenzellischen Gemeinden in derselben Periode aufgewendet wurde. Erst 1890 setzte auch eine staatliche Unterstützung ein, indem ein Teil der Einnahmen aus den Alkoholsteuern zur Verfügung gestellt wurde.
Versorgt wurden die Kranken, soweit sie nicht in Armenhäusern blieben, ausserhalb des Kantons in Waldhaus, Pfäfers und Münsterlingen. Um diesem Umstand abzuhelfen, wurde bereits 1878 an der ersten Hauptversammlung des «Irrenhilfsvereins» das Ziel der Errichtung «einer eigenen kantonalen Irrenanstalt» ins Auge gefasst.
Der Bauplatz
Zwanzig Jahre nach der Gründung des Hilfsvereins schien dessen Hauptziel in greifbare Nähe gerückt: Der Regierungsrat beschloss am 28./29. Dezember 1897 grundsätzlich den Bau einer Anstalt für rund 150 Patienten. Dafür galt es zunächst einen geeigneten Bauplatz zu finden. Die appenzellischen Gemeinden wurden eingeladen, der Regierung diesbezüglich Vorschläge zu unterbreiten. Das Gelände sollte für einen der Anstalt angegliederten Landwirtschaftsbetrieb zur therapeutischen Beschäftigung ein Areal von 14 bis 16 Hektaren umfassen. Da man noch weit von einer flächendeckenden Versorgung mit Elektrizität und Trinkwasser entfernt war, wurden auch Angaben über vorhandene Quellen sowie Gas- oder Elektrizitätsleitungen eingefordert.
Die aus sechs Gemeinden (Urnäsch, Herisau, Waldstatt, Teufen, Speicher und Heiden) eingegangenen Bewerbungen wurden unter anderem auch nach ihrer landschaftlichen Stellung beurteilt. Auf die Bedeutung der Situierung in der Landschaft hatte 1899 der Herisauer Arzt Paul Wiesmann hingewiesen: «Dass landschaftlicher Reiz, liebliche Lage und eine schöne Aussicht als sehr kostbare Eigenschaften eines Platzes für eine Anstalt zu bezeichnen sind, in welcher Gemütskranke ihre Gesundheit wieder erlangen sollen, ist gewiss einleuchtend; sie haben geradezu den Wert eines einflussreichen Heilfaktors.»
Der Herisauer «Krombach» erfüllte fast alle Erwartungen in idealer Weise. Neben den landschaftlichen Reizen sprachen die gute Erschliessung mit der Eisenbahn und die Lage im dichtest bevölkerten Teil des Kantons für den Krombach. Schliesslich dürften aber auch die Vergabungen von Arthur Schiess nicht ohne Einfluss auf die Standortwahl gewesen sein. Der grosse Gönner der Irrenanstalt hatte nach zwei Schenkungen über je Fr. 100’000.– in den Jahren 1893 und 1896 im Jahr 1898 eine neue Spende von Fr. 50’000.– angekündigt, die aber an die Bedingung geknüpft war, dass die Anstalt in seinem Heimatort Herisau gebaut werde.
Insgesamt stiftete Schiess bis zum Baubeginn 1906 Fr. 700’000.– an die Irrenanstalt, fast die Hälfte der Bausumme.
Die Anlage von Rittmeyer & Furrer
Nach einem ersten Projekt von Adolf Ehrensperger im Jahre 1901, in dem sieben Häuser entlang einer Ringstrasse um die Hügelkuppe angeordnet waren, konnte Direktor Koller in seinem neuen Konzept im Sommer 1905 von einer Anstalt für 250 Patienten ausgehen, der zwischenzeitlich angewachsene Baufond ermöglichte von Anfang an den vollständigen Ausbau. Für weibliche und männliche Patienten waren je drei Stationen vorgesehen:
- Haus für Ruhige mit Beobachtungsabteilung, 55 Patienten
- Haus für Halbruhige und Unruhige, 45 Patienten
- Infirmerie für 25 «unreine und blöde» Patienten
Ausserdem sollten an gemeinsam genutzten Gebäuden erstellt werden:
- Centralgebäude mit Wohnung des Direktors und des Assistenzarztes
- Küchengebäude
- Festsaal (freistehend)
- Leichenhäuslein
- Scheune
Die Häuser
Walter Furrer beschrieb 1905 wie «man aus dem für die speziellen Zwecke einmal gegebenen Grundriss unter Anlehnung an die heimische Bauweise etwas architektonisch Einheitliches und Wirkungsvolles herauszukonstruieren suchte. Das konnten nur einfache, anspruchslose aber freundliche, heimelige Häuser sein.»
«Wie das Appenzellerhaus seinen Giebel nach der Sonne wendet und mit seinen blitzenden Fensterreihen wie mit freundlich blickenden Augen in die grüne Welt hineinschaut, so möchten auch die Wohnungen dieser armen Insassen nicht die kalte, strenge Anstaltsschablone zeigen, sondern wie ihre Nachbarn auch fröhlich in die Lande hineinleuchten.»
Für die Gestaltung des Äusseren war massgebend, dass alles Anstalts- und Kasernenmässige zu vermeiden und den Gebäuden der Stempel des Landhauscharakters aufzuprägen war. Dem wurde durch möglichsten Verzicht auf äussere Architektur, durch lebhaftere Gruppierung der Gebäude, durch reiche Abwechslung in den Tür- und Fensteröffnungen und durch die farbige Behandlung, sowie durch die Art der gärtnerischen Behandlung entsprochen.»